Der RLC-Schwingkreis verbindet Widerstand,Induktivität und Kapazität zu einem klassischen Modell gedämpfter Schwingungen. Dieser Beitrag entwickelt die zugehörige Differentialgleichung systematisch: aus Kirchhoffs Maschenregel und den Spannung-Strom-Beziehungen von R, L und C bis zur kanonischen Form. Begriffe wie Dämpfung, Eigenfrequenz und Lösungstypen werden klar eingeordnet.
Inhaltsverzeichnis
- Zustandswahl und Modellrahmen
- Kirchhoff-Gesetz zur DGL
- Lösungswege: Zeit und Laplace
- Dämpfung und Gütefaktor
- Parameterwahl und Empfehlung
- Häufige Fragen
Zustandswahl und Modellrahmen
Die Wahl der Zustände orientiert sich an den gespeicherten Energien: Im linearen RLC-Netzwerk repräsentieren Kondensatorspannung u_C und Spulenstrom i_L die minimalen Energievariablen und bilden einen kompakten Zustandsvektor, der eine eindeutige, kausale Beschreibung in einem zeitinvarianten, konzentrierten Modellrahmen erlaubt.Unter Anwendung von KVL und KCL sowie konstitutiven Elementbeziehungen ergibt sich eine Zustandsraumdarstellung der Form ẋ = A x + B u, y = C x + D u, deren Struktur von der Topologie (Reihe/Parallel) und der gewählten Anregung abhängt. Anfangsbedingungen u_C(0) und i_L(0) steuern Transienten,während Parameter R,L,C das Dämpfungsverhalten (unter-/kritisch/überdämpft) bestimmen. Die Modellierung verzichtet auf parasitäre Effekte (z. B. ESR, Leckströme, Sättigung) und behandelt Bauteile als ideal und linear, wodurch analytische Ableitungen und Vergleich mit Messdaten klar nachvollziehbar werden.
- Zustände: u_C als Spannungszustand,i_L als Stromzustand
- Eingang: Spannungsquelle v_s(t) oder Stromquelle i_s(t)
- Ausgang: Klemmen-Spannung,Zweigstrom oder Leistung an R
- Annahmen: LTI,konzentrierte Parameter,ideale Bauteile
- Randbedingungen: R > 0,L > 0,C > 0; definierte Anfangswerte
- Prinzipien: Energieerhaltung,KVL/KCL,Passivität
| Symbol | Bedeutung | Einheit | Rolle |
|---|---|---|---|
| u_C | Kondensatorspannung | V | Zustand |
| i_L | Spulenstrom | A | Zustand |
| R | Widerstand | Ω | Parameter |
| L | Induktivität | H | Parameter |
| C | Kapazität | F | Parameter |
| u(t) | Anregung | V/A | Eingang |
| y(t) | Messgröße | V/A | Ausgang |
Kirchhoff-Gesetz zur DGL
Über die Maschenregel ergibt sich für den Serienkreis die Spannungsbilanz u_R(t) + u_L(t) + u_C(t) = u_e(t) mit u_R = R i(t),u_L = L di/dt und u_C = (1/C) ∫ i(t) dt. In der Ladungsbeschreibung i = dq/dt, u_C = q/C folgt die lineare DGL zweiter Ordnung: L q''(t) + R q'(t) + (1/C) q(t) = u_e(t); für den freien Schwingfall gilt u_e(t)=0. In Stromform (nach Differentiation) kann geschrieben werden: L i''(t) + R i'(t) + (1/C) i(t) = u'_e(t). Die Koeffizienten vor den Ableitungen kennzeichnen die Beiträge von Induktivität (Trägheit),Widerstand (Dämpfung) und Kapazität (Rückstellwirkung) in der Dynamik.
- Zustandswahl: Ladung q(t) oder Strom i(t)
- Eingang: Anregung
u_e(t)(Quelle), homogen füru_e=0 - Anfangswerte:
q(0), i(0)bestimmen die Lösung eindeutig - Interpretation: Summe der Spannungsabfälle = angelegte Quellenspannung
| Bauteil | Spannung | Beitrag in der DGL |
|---|---|---|
| R | u_R = R i |
R q'(t) bzw. R i(t) |
| L | u_L = L di/dt |
L q''(t) bzw. L i'(t) |
| C | u_C = q/C |
(1/C) q(t) bzw. (1/C) i(t) nach Differentiation |
| Quelle | u_e(t) |
rechte Seite: u_e(t) bzw. u'_e(t) |
Lösungswege: Zeit und Laplace
Für den seriellen RLC-Kreis lässt sich die Bewegungsgleichung bequem in zwei komplementären Perspektiven fassen: Im Zeitbereich liefert die Differentialgleichung L·C·d²vC/dt² + R·C·dvC/dt + vC = u(t) direkten Zugriff auf Übergangsverhalten, Anfangsneigungen und Dämpfung; im Laplace-Bereich wird sie zur algebraischen Beziehung, in der Anfangsbedingungen als Quellen auftreten und Polstellen die Dynamik vollständig bestimmen. Dadurch entsteht ein klarer Weg von der physikalischen Intuition (Energie in L und C) zur systematischen Synthese (Übertragungsfunktion, Stabilität, Frequenzgang), wobei beide Sichten dieselben Parameter – Naturfrequenz und Dämpfungsfaktor – in unterschiedlichen Werkzeugketten nutzen.
- Zeitbereich: Charakteristisches Polynom aufstellen → Wurzeln bestimmen (unter-,kritisch,überdämpft) → homogene und partikuläre Lösung superponieren → Konstanten aus Anfangsbedingungen (vC(0),i(0)) bestimmen.
- Laplace-Bereich: Transformation anwenden → Anfangsbedingungen als s-Terme einfügen → Übertragungsfunktion z. B. HC(s) = VC(s)/U(s) formen → Pol-Nullstellen analysieren → Zeitverlauf per Partialbruch/Inverse berechnen.
| Größe | Ausdruck | Hinweis |
|---|---|---|
| Natürliche Kreisfrequenz ω0 | 1/√(L·C) | Skalierung der Schwingung |
| Dämpfungsfaktor ζ | (R/2)·√(C/L) | Form der Antwort |
| Charakteristik p(s) | s² + (R/L)s + 1/(L·C) | Polgleichung |
| HC(s) | ω0² / (s² + 2ζω0s + ω0²) | Tiefpass für vC |
Dämpfung und Gütefaktor
Verluste prägen die Lösung der linearen RLC-Differentialgleichung über den Term 2α in der Normform x¨ + 2α x˙ + ω₀² x = 0. Mit α = R/(2L) steuert der exponentielle Abklingfaktor die Hüllkurve e−αt,während die ungedämpfte Kreisfrequenz ω₀ = 1/√(LC) die Schwingtendenz setzt. Das dimensionslose Verhältnis ζ = α/ω₀ = (R/2)√(C/L) ordnet das Dynamikregime, und die Güte Q quantifiziert das Verhältnis von gespeicherter zu dissipierter Energie pro Zyklus: Q = 1/(2ζ) = (1/R)√(L/C) = ω₀L/R = 1/(ω₀RC). Daraus folgen schmale Resonanz und langsames Ausklingen bei großem Q sowie die Näherung Δω ≈ ω₀/Q für die Bandbreite.Das logarithmische Dekrement verbindet Zeit- und Frequenzsicht über Λ = ln(xn/xn+1) = 2πζ/√(1−ζ²) ≈ 2πζ bei kleiner Dämpfung; die Polstruktur wechselt dabei von komplex konjugiert (unterdämpft) über zusammenfallend (kritischer Grenzfall) zu reell negativ (überdämpft).
- Dämpfungsmaß: α = R/(2L)
- Eigenkreisfrequenz: ω₀ = 1/√(LC)
- Dämpfungsverhältnis: ζ = α/ω₀ = (R/2)√(C/L)
- Güte: Q = 1/(2ζ) = (1/R)√(L/C) = ω₀L/R = 1/(ω₀RC)
- Bandbreite: Δω ≈ ω₀/Q (für kleine Dämpfung)
- Logarithmisches Dekrement: Λ = 2πζ/√(1−ζ²)
| Regime | Bedingung | Charakteristik |
|---|---|---|
| Unterdämpft | ζ < 1, R < 2√(L/C) | Schwingend, Hüllkurve ∝ e−αt, schmalbandig bei großem Q |
| Aperiodischer Grenzfall | ζ = 1, R = 2√(L/C) | Schnellster Ausgleich ohne Überschwingen |
| Überdämpft | ζ > 1, R > 2√(L/C) | Kein Schwingen, zwei reelle Exponenten, trägere Antwort |
Parameterwahl und Empfehlung
Eine tragfähige Auswahl von R, L und C richtet sich nach Ziel‑Frequenz, gewünschtem Dämpfungsgrad und Messbarkeit. Für den Serien‑RLC‑Schwingkreis gilt: ω₀ = 1/√(LC), ζ = (R/2)·√(C/L), Q = 1/(2ζ) = ω₀L/R sowie Rkrit = 2·√(L/C); daraus folgen f₀ = ω₀/(2π), gedämpfte Eigenfrequenz ωd = ω₀·√(1−ζ²) und Bandbreite Δf ≈ f₀/Q. In der Praxis empfiehlt sich, L und C zuerst über ω₀ zu fixieren (Verfügbarkeit, Toleranzen, parasitäre Effekte), anschließend R zur Feinjustage von ζ und Q; Grenzwerte für Spannungs‑/Strombelastung, Bauteiltoleranzen und Messhardware (Abtastrate, Eingangsimpedanz) sind mitzudenken.
- Frequenzfenster: L und C so wählen, dass f₀ im gut messbaren Bereich (z. B. 1-100 kHz) liegt.
- Dämpfung: R als Anteil von Rkrit setzen: ζ ≈ 0,1-0,3 für ausgeprägte Schwingungen; ζ = 1 für schnellstes Einschwingen ohne Überschuss; ζ > 1 für filterartige, monotone Annäherung.
- Güte und Bandbreite: Q = ω₀L/R; Δf ≈ f₀/Q für Selektivität vs. Geschwindigkeit abwägen.
- Toleranzen/Parasitika: ESR der Induktivität, Dielektrikaverluste und Layout minimieren; 5-10 % Bauteiltoleranzen einkalkulieren.
- Belastbarkeit: Spannungsfestigkeit C, Sättigungsstrom L und Verlustleistung R einhalten; Sicherheitsreserve vorsehen.
| Ziel | R relativ zu Rkrit | Verhalten |
|---|---|---|
| Sichtbare Schwingung | R ≈ 0,2-0,5 · Rkrit | 3-5 Perioden, deutlich abklingend |
| Schnelles Einschwingen | R ≈ Rkrit | Kein Überschwingen, minimaler Settling‑Time |
| Starke Dämpfung | R ≳ 2 · Rkrit | Monoton, langsamere Annäherung |
| L | C | R | f₀ | ζ | Q |
|---|---|---|---|---|---|
| 10 mH | 100 nF | 100 Ω | ≈ 5,03 kHz | ≈ 0,16 | ≈ 3,16 |
Häufige Fragen
### Was beschreibt die Differentialgleichung des RLC-Schwingkreises?
Die Gleichung verknüpft Strom und Spannung in einem seriellen RLC-Netzwerk. Aus der Maschenbilanz resultiert für die Kondensatorspannung u(t) oder die Ladung q(t) eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung, die Dämpfung und Eigenfrequenz beschreibt.
### Welche Annahmen liegen der Herleitung zugrunde?
Vorausgesetzt werden ideale, lineare, zeitinvariante Bauelemente, konstante Parameter R, L, C und ohmscher Widerstand ohne Frequenzabhängigkeit. Für die Eigenbewegung wird die Quelle auf null gesetzt; Kopplungen und Verluste außer R bleiben unberücksichtigt.### Wie lautet die homogene Gleichung in Standardform?
Für die Ladung q(t) gilt: L q” + R q’ + (1/C) q = 0. Umgeschrieben für die Kondensatorspannung u(t): u” + (R/L) u’ + (1/(L C)) u = 0. Eigenschaften folgen aus α = R/(2L) und ω0 = 1/√(L C). Dies definiert die Dämpfungskonstante und die ungedämpfte Eigenfrequenz.
### Wie wird die Dämpfung des RLC-Schwingkreises klassifiziert?
Die Lösung wird durch ζ = R/2 · √(C/L) bzw. α und ω0 charakterisiert: unterkritisch (ζ < 1) mit gedämpfter Schwingung,kritisch (ζ = 1) mit aperiodischem Grenzfall,überkritisch (ζ > 1) mit rein exponentiellem Abklingen ohne Oszillation.
### Welche Anfangsbedingungen beeinflussen die Lösung?
Typisch sind Anfangswerte für uC(0) beziehungsweise q(0) sowie für den Strom i(0).Diese bestimmen die Konstanten der allgemeinen Lösung und damit Amplituden, Phasenlage und eventuelle Gleichanteile, ohne die Systemordnung oder Eigenwerte zu verändern.